mit kaputtem Rolli durch Darmstadt (Tag 2 in Frankfurt)

kaputter Rolli

Da mein Rollstuhl seit Montag eiert und die Federung nicht richtig funktioniert, habe ich am Montagabend geschaut, woran es liegen könnte. Die Federung war auf jeden Fall nicht kaputt, da man dann das Vorderrad ganz leicht hätte hochheben können. Ich habe dann auf gut Glück mein Handy unter den Rolli gehalten und ein Foto gemacht. Dann war mir auch klar, warum der Rolli nicht mehr normal fährt: Die Windung ist wieder ausgebrochen. Das ist bereits im August in den Ferien passiert. Ich habe meinem Sanitätshaus in Freiburg gleich geschrieben und meiner Oma angerufen, dass sie den Tag über immer wieder dort anruft, denn sie antworten nicht immer sofort, gerade jetzt war das aber wichtig. Ich habe heute Morgen kurz überlegt, ob ich in der Jugendherberge bleiben soll, habe mich dann aber dagegen entschieden. Jetzt bin ich schon mal auf Klassenfahrt – wer weiß, ob das nochmal klappt, momentan sieht es nämlich nicht so aus, dass ich das auf meiner Schule könnte – jetzt will ich nicht die Zeit in der Herberge verbringen.

Darmstadt

Mit der S-Bahn sind wir nach Darmstadt gefahren, was auch sehr gut geklappt hat. Die Bahn hat eine sehr lange Rampe, mit der auch größere Höhenunterschiede gut bewältigt werden können. Auch in Darmstadt selbst war der Einstieg in die S-Bahn problemlos, denn die Bahn hatte eine ähnliche Rampe wie es sie in Bussen gibt. Allerdings war der Ausstieg ziemlich steil. Ich bin mit dem Trittbrett sogar auf der Straße hängen geblieben und der Rollstuhl hat sich hinten ein bisschen angehoben. Zum Glück ist aber nichts passiert.

Hier seht ihr mich beim Aussteigen aus der S-Bahn mit der steilen Rampe.

Viel gesehen von Darmstadt haben wir ja nicht, nur das auf dem Weg zur Technischen Universität und zurück. Aber die kurze Strecke war auf jeden Fall deutlich schöner als die Ecken, die wir bisher in Frankfurt gesehen haben. Es gab auch viele alte, große Gebäude, die sehr schön aussehen!

Centre for Cognitive Science (Darmstadt)

Im Centre for Cognitive Science hatten wir dann sehr interessante Vorträge. Kognitionswissenschaft ist die Wissenschaft des Wahrnehmens, Handelns und Denkens. Alltägliche Beispiele für solche Informationsverarbeitungen sind optische Täuschung, Erinnerung oder auch, wenn einem “etwas auf der Zunge liegt”. Es ist die Schnittmenge aus Psychologie und Informatik.

Beim Bauen von intelligenten Robotern kann man beispielsweise den Geist mit der Software und den Körper mit der Hardware vergleichen. Der Geist ist nicht das Gehirn, aber was das Gehirn macht [“… the mind is not the brain but what the brain does…”; Pinker].

In einem Video wurde ein großer Roboter-Hund gezeigt, der Treppen steigen und im Schnee gehen kann und ein ziemlich gutes Gleichgewicht hat. Auf gerader Strecke hat ihn ein Mann in die Seite getreten und der Roboter-Hund konnte tatsächlich sein Gleichgewicht ausbalancieren. Ich habe in dem Moment gedacht, dass ich auch so einen Hund bräuchte. Dann könnte ich mal in den Schnee und käme ohne Probleme Treppen hoch und runter.

In einem anderen Video wurde der Cybathlon in Zürrich gezeigt. Ich kannte diese Veranstaltung vorher noch nicht und habe mir fest vorgenommen, zur nächsten Cybathlon 2020 zu gehen. Das ist ein bisschen wie Special Olympics, nur sind die Hilfsmittel nicht passiv, sondern aktiv. Ihr müsst euch unbedingt mal ein Video davon im Internet anschauen.

kaputter Aufzug

Von Darmstadt sind wir direkt mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof gefahren. Dort wollten wir den Aufzug nehmen, der allerdings defekt war, und das vermutlich schon mindestens seit Neujahr, da war nämlich unser Lehrer in Frankfurt und der Aufzug war da auch kaputt. Wir mussten dann zur nächsten Haltestelle fahren und dort dann eine andere Bahn zurück nehmen, damit wir im Hauptbahnhof auf einem Gleis ankommen, an dem es einen funktionierenden Aufzug gab. Das hat dann zum Glück geklappt.

Die Aufzüge an sich waren übrigens sehr unterschiedlich, mal gab es sehr große, in denen ich mich sogar drehen konnte, mal sehr kleine. Auf dem Bild seht ihr einen Aufzug, bei dem der Zugang sehr gut für Menschen mit Mobilitätseinschränkung ist. Ein Leitsystem für Menschen mit Sehbehinderung gibt es dort aber leider nicht.
Der Zugang zum Aufzug ist deshalb so gut, weil der Anholer (das ist der Knopf, mit dem man den Fahrstuhl ruft) an einer Säule vor dem Aufzug ist, sodass man als Rollstuhlfahrer bequem neben die Säule fahren und den Knopf gut erreichen kann. Denn normalerweise ist der Anholer direkt am Fahrstuhl. Für Rollstuhlfahrer ist es dann oft ein bisschen kompliziert, genau so vor die Aufzugtür zu fahren, dass man den Knopf erreichen kann, da ja zwischen dem Oberkörper und dem Aufzug noch die Beine sind und die Arme oft zu kurz sind, um den Abstand zu überwinden. Und wenn man dann nicht genug Platz hat, um seitwärts hin zu fahren, dann ist der Zugang zum Anholer noch mehr erschwert.

Sanitätshaussuche

Wir hatten noch ein bisschen freie Zeit bis zum nächsten Programmpunkt. Zu fünft sind wir dann zu einem Sanitätshaus, da wir aber spät dran waren und das Sanitätshaus bald zumachte, sind meine Schulbegleiterin und einer aus der Gruppe vorgerannt. Als wir anderen drei dann auch ankamen, haben sie uns gesagt, dass es gar kein Sanitätshaus mehr gibt. Sie haben beim Café nebenan gefragt und die Mitarbeiterin sagte, dass sie nicht die ersten seien, die das fragten. Wir mussten also den ganzen Weg ohne Ergebnis wieder zurück laufen.

Sinfonieorchester

Ab 19 Uhr waren wir dann in der Alten Oper zum Konzert des Sinfonieorchesters. Dort habe ich das erste Mal für Männer und Frauen getrennte Behindertentoiletten gesehen, was ich im Übrigen sehr gut fand. Es hatte auch den schönen Nebeneffekt, dass es dann immerhin zwei Behindertentoiletten gab anstatt wie üblich nur eine.

Sehr gut war auch, dass der Rollstuhlplatz nicht einfach neben den normalen Stühlen war und man so mitten im Weg steht und womöglich auch den Fluchtweg versperrt. Stattdessen wurde ein Stuhl abmontiert, sodass die Rollstuhlfahrer nicht im Weg stehen.

Das Konzert war super! Es war ganz anders als sonst, denn der Dirigent hat immer erst einige Takte erklärt und das Orchester spielen lassen. Erst danach wurde der komplette Satz gespielt. Er hat auch das Publikum sehr gut miteinbezogen und ein paar Leute durften sogar oben hinter den Orchestermitgliedern sitzen. Der Dirigent hätte auch Comedian werden können, er hat die Konzertbesucher immer wieder zum Lachen gebracht.

Hier seht ihr die Alte Oper am Abend, die mit einem weichen Licht angestrahlt wird.

nicht erreichbares Sanitätshaus

Am Abend hatte ich immer noch keine Rückmeldung vom Sanitätshaus. Unser Lehrer hat dann eine E-Mail an den Herstellerfirma meines Rollis und auch an das Sanitätshaus geschickt.

 

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