tolles Praktikum und Kampf um Inklusion in der Schule

Mein Praktikum war unglaublich gut! Ich wurde sofort gut ins Team aufgenommen und durfte bereits in der ersten Woche einen eigenen Artikel schreiben. Das Praktikum hat mich noch mehr darin bestärkt, als Journalistin arbeiten zu wollen und ich habe nun endgültig keine Zweifel mehr daran, dass dies auch mit meiner Behinderung möglich ist.

Montags hatte ich frei, dienstags war ich in Freiburg und den Rest der Woche bis Samstag in Lörrach. Mein erster Tag in Freiburg war ein bisschen holprig, aber nur am Anfang. Beim Eingang war nämlich eine sehr hohe Stufe. Ich hatte zum Glück meine Rampe dabei, aber es war trotzdem sehr steil. Und dann musste der Praktikumsleiter erst einmal den Aufzug suchen. Es war aber alles kein Problem, wir sind durch die Druckerei und mit dem Lastenaufzug nach oben. Ich mag Lastenaufzüge übrigens sehr, weil man da so viel Platz hat. Im Gegensatz zu einigen Aufzügen an Bahnhöfen oder in Gebäuden, bei denen man sich wie in einer Quetschkommode vorkommt. Aber ich schweife vom Thema ab.
Als wir dann in der nächsten Woche wieder in Freiburg beim Büro ankamen, war ein Druckereimitarbeiter draußen und hat gesehen, dass ich über die Rampe ins Gebäude wollte. Er hat uns (meiner Schulbegleiterin und mir) dann gesagt, dass wir auch über das Tor rein können – ebenerdig. Ich musste innerlich lachen, hätte ich das gewusst, hätte ich die steile Rampe die Woche davor nicht nehmen müssen. Gefreut habe ich mich sehr, dass er auf uns zugekommen ist und den Tipp gegeben hat. Der Weg war definitiv leichter.
Die Toiletten waren in Freiburg und in Lörrach nicht mit dem Rollstuhl befahrbar, aber ich konnte sitzend auf dem Skateboard reinfahren. Keine perfekte Situation, aber ein Kompromiss, mit dem ich leben konnte. Die Gebäude an sich waren aber sonst rollstuhlgerecht.

Die Fahrten mit der Bahn waren größtenteils gut, auch die Umstiege. Für Rollstuhlfahrer gibt es immer eine Mindestumsteigezeit, in Basel beträgt sie zehn Minuten. Man kann sie zwar auch unterschreiten, wenn man dann aber den Anschlusszug verpasst, ist man selbst schuld und bekommt eventuell keine Hilfe. Das kann dann der Fall sein, wenn das Personal einem anderen angemeldeten Fahrgast helfen muss und deshalb keine freie Kapazitäten mehr hat. Oder wenn man den letzten Zug verpasst hat, dann muss die Bahn normalerweise die Taxikosten zahlen, wenn man als Mensch mit Behinderung aber die Mindestumsteigezeit unterschritten hat, muss man das Taxi selbst zahlen. Lange Rede, kurzer Sinn: Bei fast jeder Rückfahrt von Lörrach konnte ich in Basel den früheren Zug nehmen. Ich bin zwar nicht früher nach Hause gekommen, weil ich ja vom DRK zur angemeldeten Zeit abgeholt wurde und der Fahrer nicht früher kommen konnte, aber ich konnte dann noch einkaufen oder einfach die Sonne genießen.

Von Basel nach Lörrach fährt eine Schweizer Bahn, die rollstuhlgerecht sein soll. Das Gute daran ist, dass die Zustiege fast ebenerdig sind. Aber eben nicht ganz. Und zwar fährt bei jeder Türöffnung automatisch eine Rampe aus, die den Abstand zwischen Zug und Bahnsteig überbrückt. Es gibt aber zwischen Rampe und Zug einen Höhenunterschied von wenigen Zentimetern, zudem geht die Rampe immer ein bisschen nach unten, sodass es auch einen minimalen Unterschied zwischen Rampe und Bahnsteig gibt. Als Fußgänger merkt man diese Höhenunterschiede nicht, als Rollstuhlfahrer aber schon, vor allem dann, wenn man chronische Rückenschmerzen hat, trotz der wenigen Zentimeter ist es sehr holprig. Ich war froh, dass ich meine Rampe dabei hatte, so war der Zustieg einwandfrei. Und trotz allem frage ich mich, warum die Deutschen bei dieser Technik so hinterher hinken. Auch wenn die Technik der Schweizer Züge nicht perfekt ist, ist sie doch um Längen besser als hier bei uns.

Erst am Freitag in der zweiten Praktikumswoche hatte ich ein Telefonat mit der Lehrerin an meiner Schule, die für Inklusion zuständig ist. Es war mehr als ernüchternd und ich musste danach erst einmal an die frische Luft.
Ich bin gerade im Widerspruchsverfahren wegen meines Nachteilsausgleichs (NTA), der die behinderungsbedingten Nachteile so ausgleichen soll, dass ich dieselben Voraussetzungen wie die anderen Schüler habe. In meinem Fall bedeutet es zum Beispiel, dass ich eine Schulbegleiterin brauche, während des Unterrichts essen und trinken darf (sonst kann ich mich schnell nicht mehr konzentrieren) und ebenso mehr Zeit bei Arbeiten brauche und eine Schreibkraft, der ich bei Arbeiten und Tests diktieren darf, da ich nicht lange selbst schreiben kann. Die letzten zwei Punkte wurden nicht genehmigt, weswegen ich Widerspruch eingelegt habe. Allgemein ist die Situation in der Schule nicht gut. Inklusion ist wohl noch nicht überall angekommen. Ihr merkt vielleicht, dass ich nicht so viel darüber schreiben möchte. Das liegt einfach daran, dass ich die Situation nicht eskalieren lassen möchte. Sobald es geht, werde ich euch aber alles erzählen!

Nach diesem Telefonat wurde mir klar, dass ich mich nicht nur wegen der Arbeit an sich und den Kollegen so wohl gefühlt habe. Natürlich, die Arbeit hat mir sehr Spaß gemacht, die Kollegen waren sehr nett und es war ein Miteinander auf Augenhöhe. Ein weiterer und wichtiger Grund war aber auch, dass ich zwei Wochen eine heile Welt hatte. Ich hatte keinen Ärger mit der Eingliederungshilfe wegen der Freizeitassistenz und auch nicht mit der Krankenkasse wegen meines neuen Rollstuhls. Aber vor allem habe ich fast zwei Wochen nicht an die Schule denken müssen. Und das war herrlich. Ich hatte eine heile Welt, auch wenn das jetzt pathetisch klingt, aber es war wirklich so.

Demnächst könnt ihr euch noch auf ein Interview mit meinem Praktikumsleiter freuen.

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